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03.05.2023

FlexProjekt Cap Arcona 2023 "Zu Ehren Kazimierz Wajsen" 

Auch in diesem Jahr haben wir einen Beitrag für die Gedenkfeier am 3. Mai gestalten dürfen. Mit an Bord auch Thomes Käpernick, mit dem wir auch in den letzten Jahren zusammenarbeiten konnten. Sechs Schülerinnen und Schüler aus unseren 8. Klassen haben sich per ZOOM mit der Enkelin Kazimierz getroffen, den Erinnerungen von Magda und ihrem Bruder gelauscht, Fragen gestellt und Informationen gesammelt. Aus diesem Interview ist eine kleine, hoffentlich aber irgendwie auch besondere Rede geworden, die alle gemeinsam am 3. Mai gehalten haben. Wie immer hat Thomas Käpernick die wichtigsten Daten vorab zusammengefasst:

In einem mehrtägigen Projekt haben 6 Schüler*innen des Küstengymnasium das Schicksal des polnischen Häftlings der Cap Arcona und Athen Kazimierz Wajsen kennengelernt. Dabei half uns dessen Enkeltochter Magda Wajsen, die heute unter uns ist.
Kazimierz Wajsen war Häftling des KZ Neuengamme im Kommando Klinkerwerk und im Außenlager Uelzen. Seine Entwurzelung begann 1943 im Alter von 20 Jahren mit der Flucht der Familie vor nationalistischen ukrainischen Truppen. Anschließend deportierten ihn die Deutschen zur Zwangsarbeit nach Hamburg. Zwei Male kam er in Gestapohaft: im Gefängnis Fuhlsbüttel und im Arbeitserziehungslager Wilhelmsburg. Vorgeworfen wurden ihm kollektive Aktionen in den Zwangsarbeitslagern. Für eine Verhaftung genügte der Gestapo bekanntlich ein Verdacht und so lieferte sie ihn 1945 im KZ Neuengamme ein. Seine Häftlingsnummer lautete 76633.


Kazimierz Wajsen überlebte die Häftlingsschiffe, weil er von der Cap Arcona auf die Athen kam, die am 3. Mai im Neustädter Hafen lag, da sie Häftlinge des KZ Stutthof aufnehmen sollte.


K.:
Magda hat uns erzählt, dass ihr Großvater seine Häftlingsnummer fast wie einen Schatz gehütet hat. Er hatte auch andere Dinge behalten, wie zum Beispiel Fotos mit anderen Zwangsarbeitern. Doch am wichtigsten war ihm seine Häftlingsnummer, die er sogar extra in einen Umschlag gepackt und zu seinen wichtigsten Dokumenten gelegt hat, obwohl sie ja aus der schlimmsten Zeit seines Lebens stammte. 

Er hielt an ihr fest, um beweisen zu können, dass er so viel Ungerechtigkeit und Leid ertragen musste. Er wollte den Beweis für seinen Widerstand und seinen Kampf bewahren – er wollte, dass ihm geglaubt wird!

A.:
Ganz besonders beeindruckend an Kazimierz war sein sehr starker Wille, er hat niemals aufgegeben und Zeit seines Lebens versucht, Dokumente zu finden, mit denen er die Jahre der Verschleppung und Entwurzelung anerkennen lassen hätte können.

Erst nach seinem Tod hat die Familie dann diese Dokumente bekommen – er selbst, der so lange dafür gekämpft hatte, hat sie nie gesehen.


M.:
Kazimierz war sehr mitfühlend und konnte sich gut in die Menschen hineinversetzen. Deshalb war es ihm so wichtig, seine Kinder und Enkelkinder zu schützen, indem er ihnen nicht viel von der Zeit erzählte. Wie sollte denn auch ein Kind nur diese grausamen Taten verstehen können? Magda erinnert sich lediglich an einen Moment, als sie und ihr Bruder mit kleinen Plastiksoldaten spielten und ihr Großvater eine der Figuren hochnahm und sagte: „Dieses Gewehr wird nicht mehr schießen!“


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O.:
Kazimierz war ein ganz besonders leidenschaftlicher Gärtner, der mit seiner großen Liebe zur Natur und zu Tieren einen Ort geschaffen hat, in dem die Familie sich begegnete. Er reparierte alles selbst und war, wie wir heute sagen würden, ein „Selbstversorger“.
In diesem Garten war er von niemandem abhängig und niemand konnte ihm sagen, was er machen solle.

Der Garten war für ihn der Ort, wo er Wurzeln schlagen und sich niederlassen konnte. Endlich gab es nach den Jahren der Verschleppung etwas, das ihm gehörte, das sicher war und das er für andere gestalten konnte.


M.:
Kazimierz ist Magdas großer Held. Auch für uns kann er ein großes Vorbild sein. In der Zeit, in der er so viel Schreckliches erleben musste, hat er es geschafft, nie aufzugeben und immer weiterzumachen, sich aufzulehnen und sich nicht zu beugen.
Dies ist sehr bewundernswert und wir können uns nicht vorstellen, dass uns das gelingen würde. Dabei hat er auch noch immer an andere gedacht und wollte, dass es seiner Familie immer gut geht.

C.:
Und auch Magda ist für uns ein Vorbild, weil sie die Erinnerung an diesen besonderen Menschen wachhält und uns und unserer Generation von Kazimierz erzählt hat. Ihr Großvater lebt auf diese Weise nicht nur in Magdas Familie weiter, sondern auch wir werden uns an ihn und seine Geschichte erinnern.

Magda war bei seinem Tod erst 10 Jahre alt und konnte das tragische Leben ihres Großvaters noch nicht verstehen. Bestimmt hätte sie gerne mehr Zeit mit ihm verbracht und ihn noch vieles gefragt und seiner Erzählung gelauscht. Und das würden wir auch gerne tun, hätten ihm geantwortet:

„Wir sind deine Zeugen geworden – wir können deine Geschichte beweisen!“